Helena Scheuberin Garten
Im Jahr 1485 fand in Innsbruck der erste Hexenprozess in Österreich statt. Dieser Prozess wurde vom Inquisitor Heinrich Kramer initiiert und mit der Unterstützung von Papst Innozenz VIII unter der Schirmherrschaft von Bischof Georg von Brixen und Erzherzog Sigmund von Tirol (genannt „der Münzreiche“) durchgeführt. Nach monatelangen einschüchternden Scheinuntersuchungen wurden mehr als fünfzig Personen als „verdächtig“ eingestuft, von denen bis auf zwei alle Frauen* waren. Anschließend wurden insgesamt sieben Frauen* wegen Hexerei angeklagt und inhaftiert. Die Prozesse wurden aufgrund von Verfahrensfehlern abgebrochen und die Frauen* freigesprochen. Eine dieser Frauen* war Helena Scheuberin.
Ein Teil des nach ihr benannten Gartens befindet sich im Waltherpark, der andere Teil befindet sich an einer Stelle in der Mühlauer Klamm, die früher Hexenkuchl genannt wurde. Dieser folkloristische Name steht angeblich in keiner direkten Verbindung zu den Hexenprozessen. Allerdings waren dort jahrzehntelang stereotype Figuren von sogenannten Hexen aufgestellt, als vermeintlich harmlose Relikte einer fernen Vergangenheit, die heute nur noch als Sage und Mythos existieren.
Im Jahr 1495 veröffentlichte Heinrich Kramer den Malleus Maleficarum (Hexenhammer), einen der ersten modernen juristischen Texte, der einen rechtlichen Rahmen schuf, in dem jede Frau* der Hexerei angeklagt werden konnte. Die Schuldzuweisung durch Hörensagen oder durch unter Folter erlangte „Beweise“ lieferte einfache Erklärungen für soziale Ungerechtigkeiten und Naturkatastrophen und ermöglichte die Suche nach Sündenböcken, obwohl die der Anklage zugrundeliegenden Motive oft ideologisch und/oder ökonomisch bedingt waren.
Zwischen dem späten 15. und dem 18. Jahrhundert fand in Mitteleuropa der wirtschaftliche Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus statt. In dieser Zeit fällt die Entstehung des Arbeitsmarktes mit dem Ausschluss von Frauen* aus vielen Berufen und der Forderung nach ihrem Einschluss in die heteronormative Familie und der Verpflichtung zu unbezahlter Hausarbeit zusammen. Gleichzeitig war mit diesen Änderungen der Entzug und die Kriminalisierung der Kontrolle von Frauen* über das Kinderkriegen und die reproduktive Gesundheit verbunden. Die Hexenverfolgung war ein besonders grausamer Teil dieser Kriminalisierung, wobei Hebammen, die Schwangerschaften sowohl unterstützten als auch verhinderten, besondere Zielscheiben darstellten. Verfolgt wurden auch Frauen*, die allein lebten oder finanziell unabhängig waren, ältere und/oder verarmte Frauen*, sowie Personen, die sich nicht an Normen von Geschlecht und Sexualität hielten.
Die Abkopplung der Hexenverfolgung von der Unterdrückung und Verfolgung von Frauen* als Klasse hält bis heute an. Während der Begriff „Hexenjagd“ nach wie vor ein Synonym für Anschuldigungen unter falschem Vorwand ist, ist die abwertende Bezeichnung „Hexe“ für Frauen* reserviert, die sich weigern, sich den Vorschriften der patriarchalen Gesellschaft anzupassen.
Der Helena-Scheuberin-Garten umfasst eine Auswahl an lokalen Pflanzen, die in der Gynäkologie und zu anderen medizinischen Zwecken verwendet werden. Er verwandelt die „Hexenküche“ von einem Schauplatz der geschlechtsspezifischen Unterwerfung in einen Raum der feministischen Autonomie – für die Wissensproduktion von Frauen* und ihre körperliche Selbstbestimmung.
wir sind die töchter* jener hexen*, die nicht verbrannt werden konnten
Ein Projekt von Angela Anderson und Ana Hoffner
Gestaltung | wau. Salon für gepflegte Gestaltung – Rupert Asanger & Florian Volderauer
Ausführung | Michael Gassebner Schlossermeister
Druck | Pixel Project
Botanische Expertise und Pflanzenauswahl | Konrad Pagitz & Cäcilia Lechner-Pagitz (Universität Innsbruck – Institut für Botanik und Botanischer Garten)
Bepflanzung | Katrin Uhrmann
Projektbegleitung und -unterstützung | Bettina Siegele & Cornelia Reinisch-Hofmann (Künstler*innen Vereinigung Tirol)
Dank an Andrei Siclodi & Veronika Riedl (Künstler*innenhaus Büchsenhausen), Nina Tabassomi (Taxispalais Kunsthalle Tirol), Jochen Becker, Esther Strauß, Lisa Mazza, Bettina Lichtenberger (Amt der Tiroler Landesregierung – Abteilung Kultur)